Donnerstag, 8. Oktober 2009

Papier zur Fraktionsklausur


Papier zur Fraktionsklausur
Linke geht mit 10-Punkte-Plan auf Konfrontationskurs zur SPD

Von Björn Hengst
Linke-Politiker Gysi und Lafontaine: "Die SPD muss ein riesiges Stück auf uns zukommen"


Linke-Politiker Gysi und Lafontaine: "Die SPD muss ein riesiges Stück auf uns zukommen"

Die Linksfraktion will auf ihrer Klausur ein Programm verabschieden, das wenig Spielraum für eine Annäherung an die SPD lässt: "Hartz IV abschaffen", "Rente ab 67 zurücknehmen", heißt es in dem Entwurf. Auch der internen Debatte über den Afghanistan-Einsatz soll ein Ende gesetzt werden.

Hamburg - "Raus aus Afghanistan", steht am Anfang des Entwurfs für ein 10-Punkte-Programm der Linksfraktion, das die Genossen auf ihrer Klausurtagung am 9. und 10. Oktober im brandenburgischen Rheinsberg verabschieden wollen. Die Linke wolle "den sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan", heißt es in dem Dokument weiter, das SPIEGEL ONLINE vorliegt. Es dürfte kein Zufall sein, dass der Afghanistan-Komplex gleich im ersten Punkt des Programms behandelt wird. Zuletzt gab es in der Partei widersprüchliche Signale in der Afghanistan-Politik.

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So hatte der bisherige Fraktionsvize und Thüringer Linken-Spitzenmann Bodo Ramelow in einem längeren Interview gesagt, seiner Partei gehe "es nicht um einen sofortigen Abzug. Das "wäre wie eine Flucht damals aus Vietnam". Seine Partei könne sich auch mit einem stufenweisen Abzug der Bundeswehr arrangieren.

Die Äußerungen seien "für viele Genossen verwunderlich gewesen", sagte Ramelows Parteifreundin Gesine Lötzsch SPIEGEL ONLINE, den Vietnam-Vergleich nannte Lötzsch "sehr skurril". Auch im Karl-Liebknecht-Haus, der Parteizentrale der Linken, war man verärgert über Ramelows Äußerungen. Von einem "neuerlichen Alleingang" des 53-Jährigen war dort die Rede.

Ramelow wurde umgehend von Oskar Lafontaine ausgebremst: Die Position der Linken sei klar, erklärte der Parteichef. "Wir sind für einen sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan."

"Die SPD muss ein riesiges Stück auf uns zukommen"

Die Haltung zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr gilt als einer der zentralen Streitpunkte zwischen der Linken und der SPD und als Hindernis für eine mögliche rot-rote Zusammenarbeit. Mehrfach haben in der Vergangenheit führende SPD-Politiker darauf verwiesen, dass die außenpolitischen Positionen der Lafontaine-Partei unvereinbar mit der Politik der SPD seien.

Ramelows Äußerungen wurden als Lockruf an die SPD gewertet. Genau diesen Eindruck will die Führung der Linken allerdings gar nicht erst aufkommen lassen. Unmittelbar nach der Bundestagswahl machte etwa Ko-Fraktionschef Gregor Gysi klar, dass eine Annäherung zwischen den Sozialdemokraten und der Linken nur durch Kurskorrekturen bei der SPD erfolgen könne. "Die SPD muss ein riesiges Stück auf uns zukommen, wir nur ein winziges Stück auf sie", sagte Gysi.

"Erste Schritte im Bundestag" gegen Hartz IV

Auch die weiteren Punkte des Fraktionsprogramms machen deutlich, dass die Linke keine gemeinsame Oppositionsarbeit mit SPD und Grünen anstrebt. Im Wesentlichen findet sich in dem Dokument das Programm zur Bundestagswahl wieder. So fordert die Linke in ihrem Papier die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns. Er soll in der "17. Legislaturperiode auf zehn Euro erhöht werden und Jahr für Jahr zumindest in dem Maße wachsen, wie die Lebenshaltungskosten steigen". Ebenso wird die Abschaffung der Rente mit 67 gefordert. Die Anhebung des gesetzlichen Rentenalters auf 67 Jahre sei "sozialpolitisch unverantwortlich und arbeitsmarktpolitisch widersinnig".

Leicht abgeschwächt wurde dagegen die bisherige Position, Hartz IV abzuschaffen. Zwar taucht diese Formulierung auch in dem Entwurf des 10-Punkte-Programms auf, die Linke setzt aber offenbar nicht auf ein sofortiges Hartz-IV-Ende. Als "erste Schritte im Bundestag" wollen die Genossen unter anderem die Freigrenzen beim Schonvermögen "deutlich" erhöhen und durch ein Sanktionsmoratorium "die Drangsalierung von Hartz-IV-Beziehenden sofort stoppen".
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